Mehr als 20 Verkehrsunfälle jeden Tag, weniger Verletzte, aber eine alarmierende Entwicklung bei der Zahl der getöteten Motorradfahrer - das ist die Bilanz der Polizeidirektion Reutlingen aus dem im Jahr 2008 registrierten Verkehrsunfallgeschehen.
Die Unfallzahlen im Landkreis Reutlingen sind im Jahr 2008 um 13,2 % auf den höchsten Stand seit 1991 gestiegen. Die Polizei musste insgesamt 7.424 Verkehrsunfälle aufnehmen, 865 mehr als noch im Vorjahr. Die Beamten der Polizeidirektion Reutlingen rückten also im Durchschnitt täglich über 20 Mal zu Unfallstellen aus.
Hierbei muss zwar berücksichtigt werden, dass im Jahr 2008 erstmals seit über zehn Jahren wieder sogenannte „Wildunfälle" statistisch erfasst wurden, was alleine mit 502 Unfällen zu Buche schlägt. Aber auch ohne diese veränderten Erfassungsmodalitäten beträgt der Anstieg mit 363 Unfällen gegenüber 2007 immer noch 5,5 %. Seit 1991 war es auf den Straßen des Landkreises Reutlingen nicht mehr zu derart vielen Verkehrsunfällen gekommen.
Der Anstieg der Unfallzahlen geht hauptsächlich auf Unfälle mit Blechschäden zurück. Im Jahr 2008 wurden im Straßenverkehr 1.399 Personen verletzt - das sind 4,4 % weniger als im Jahr 2007 mit 1.463 Verletzten. Erfreulich ist insbesondere, dass die Zahl der Schwerverletzten mit 201 deutlich unter dem Vorjahresniveau blieb, als noch 231 Schwerverletzte zu beklagen waren.
Wie schon im Jahr 2007 verloren aber auch im vergangenen Jahr 16 Menschen, davon acht Zweiradfahrer, auf den Straßen des Landkreises ihr Leben. Entgegen dem landesweiten Trend ist also hier keine positive Entwicklung abzusehen.
Der folgenschwerste Verkehrsunfall ereignete sich am 13. März 2008, als auf der
Landstraße 230 zwischen Gomadingen und Offenhausen bei einem Zusammenstoß zweier Pkw zwei Menschen getötet und drei weitere Pkw-Insassen schwer bzw. leicht verletzt wurden.
Besorgniserregend ist der hohe Anteil an getöteten Motorradfahrern. Während landesweit die Zahl der getöteten Motorradfahrer um 23,4 % gesunken ist, hat sich im Landkreis Reutlingen die Zahl der getöteten Motorradfahrer von fünf im Jahre 2007 auf acht im Jahr 2008 annähernd verdoppelt.
Dagegen nahm bei den insgesamt 239 Verkehrsunfälle mit motorisierten Zweiradfahrern - das sind neun mehr als im Vorjahr - die Zahl der Schwerverletzten um rund 6 % auf 59 und die Zahl der Leichtverletzten um rund 5 % auf 138 ab.
Bei der Analyse der Fälle wurde festgestellt, dass sieben getötete, 40 schwer- und 68 leichverletzte Motorradfahrer mit schweren Maschinen verunglückten.
In über der Hälfte der Fälle hatten die Biker den Unfall selbst verursacht. Sofern diese selbst verursachten Unfälle mit schweren Personenschäden einhergingen, lag die Ursache in fast drei viertel aller Fälle bei zu schnellem Fahren oder einem Fehler beim Überholen.
Neben den Motorradfahrern waren auch junge, 18- bis 24-jährige Erwachsene mit 24,5 % überproportional häufig an Verkehrsunfällen beteiligt, insbesondere an schweren Unfällen mit Personenschäden. Ein Viertel der Verkehrstoten im Landkreis (vier) war noch nicht einmal 24 Jahre alt. Ursache Nummer eins bei den Unfällen mit Personenschaden war auch hier zu schnelles Fahren.
Erfreulicherweise wurde 2008 wie auch schon im Jahr 2007 auf den Straßen des Landkreises kein Kind getötet. Die Zahl der Verkehrsunfälle, an denen Kinder überhaupt beteiligt waren, stieg allerdings von 120 auf 136 Fälle an. Dabei wurden 148 Kinder verletzt, 26 davon schwer.
Darunter befinden sich auch 33 Unfälle auf dem Schulweg, wo insgesamt 34 Kinder im Alter zwischen sechs und vierzehn Jahren verletzt wurden.
An 287 Unfällen waren Radfahrer beteiligt, was gegenüber 2007 eine Zunahme um 21 Fälle oder knapp acht Prozent darstellt. Bei diesen Unfällen wurde ein Radfahrer getötet, 46 wurden schwer, 218 leicht verletzt. In 79 Unfällen waren Radfahrer alleine beteiligt. Sofern es zu einer Kollision mit anderen Verkehrsteilnehmern kam, lag die Ursache 163 Mal bei den Radfahrern selbst.
Während bei den Unfällen mit Blechschäden die Hauptursachen beim Abbiegen oder Wenden, bei Vorfahrtsverletzungen oder zu geringem Sicherheitsabstand lagen, ist bei den Unfällen mit schweren Folgen nach wie vor zu schnelles Fahren die Hauptunfallursache.
Durch Alkoholeinfluss der Fahrer verursachte Verkehrsunfälle bewegen sich mit 161 auf demselben Niveau des Vorjahres (160). Bei diesen Unfällen wurden 13 Personen schwer und 68 leicht verletzt. Ein Viertel der betrunkenen Verursacher hatte mehr als 2 Promille im Blut. Der unrühmliche Spitzenreiter wies einen Blutalkoholgehalt von fast 3,5 Promille auf.
Zwölf Unfallverursacher standen unter Drogeneinfluss.
Noch immer sind viel zu viele Verkehrsteilnehmer alkoholisiert oder mit anderen Drogen berauscht unterwegs. Bei den im Landkreis im Jahr 2008 durchgeführten Polizeikontrollen wurden 651 Fahrer ertappt, die unter Alkoholeinwirkung standen und deshalb zumindest mit einem ein- bis dreimonatigen Fahrverbot belegt wurden. 261 Mal musste der Führerschein von den Polizeibeamten gleich an Ort und Stelle beschlagnahmt werden. 307 Pkw-Lenker waren mit einem Promillegehalt von über 1,1 sogar absolut fahruntüchtig, was als Straftat mit dem gerichtlichen Entzug der Fahrerlaubnis geahndet wurde.
134 Fahrer wurden angezeigt, weil sie unter akutem Drogeneinfluss am Steuer saßen.
Auch bei den Verkehrsunfallfluchten, die gegenüber dem Vorjahr um fast sechs Prozent angestiegen sind, dürfte nicht selten Alkohol im Spiel gewesen sein. Dass sich dies nicht lohnt und viele dennoch nicht ungestraft davonkommen, zeigt allerdings die Aufklärungsquote. Ein Drittel der 1.402 Fälle mit insgesamt 85 Verletzten konnten aufgeklärt werden. Bei den schweren Unfällen beträgt die Aufklärungsquote sogar 60 %.
Auch im Jahr 2009 wird einer der Schwerpunkte der polizeilichen Arbeit im Landkreis die Bekämpfung der schweren Folgen von Verkehrsunfällen sein.
Mit insgesamt acht getöteten Zweiradfahrern geraten die Biker besonders ins Blickfeld der diesjährigen Maßnahmen. Mit Kontrolle und Aufklärung wird dabei ganz bewusst ein zweigleisiger Ansatz gewählt.
Neben der Verkehrsüberwachung, die zwangsläufig immer mit einem „erhobenen Zeigefinger" einhergeht, wird - zum ersten Mal im Landkreis Reutlingen - am 10. Mai 2009 in Metzingen ein von der Verkehrswacht Reutlingen-Münsingen und der Polizeidirektion Reutlingen gemeinsam mit vielen Partnern organisierter Motorradsicherheitstag angeboten. Ein buntes Programm an Informationen und Vorführungen soll bei den Bikern aus nah und fern die Lust am sicheren Fahren wecken und so hoffentlich auch zu einer sicheren Heimkehr von den beliebten Bikerstrecken der Albaufstiege und Albhochfläche beitragen.
Einzelheiten zum Programm finden Interessierte schon jetzt unter www.polizei-reutlingen.de .