Wer auch immer am Montagabend die Tür zur Öschhalle öffnete, um nachzusehen, ob schon wieder Wasser reingelaufen war, wird sich, so er ermittelt werden kann, etwas anhören müssen. Hartnäckig hatten die aufgetürmten Sandsäcke das Wasser weitestgehend zurückgehalten. Bis ihm die Tore aufgetan wurden. Zum dritten Mal innerhalb von eineinhalb Wochen stand die Feuerwehr auf dem Parkplatz vor der Halle und pumpte Wasser auf die Noyon-Allee.
Dabei hatten noch am Vormittag Experten die entsprechenden Abwasserkanäle mit Videokameras untersucht. Sie konnten keinen Mangel feststellen, wie Konrad Berger vom Stadtplanungsamt mitteilt. Nichts war verstopft, keine Wurzel ragte rein. Doch irgend etwas kann nicht stimmen, sonst wäre nicht drei Mal Wasser in die Halle gedrungen. „Ich bin zuversichtlich, schon bald die Schwachstelle gefunden zu haben“, ist Metzingens OB Dr. Ulrich Fiedler optimistisch. Denn jetzt wird die Pumpenanlage untersucht. Sie ist im Untergeschoss eingebaut, in einem röhrenförmigen Schacht, der eigens dazu da ist, das Oberflächenwasser zu sammeln und in eine Ablaufröhre hochzudrücken. Die Pumpen funktionieren, aber sie sind alt. Vielleicht laufen sie nicht mit voller Leistung, vielleicht sind sie verkalkt oder verschlammt. Zur Sicherheit wird der Sandsackriegel vorerst verstärkt, eventuell erhält die Fläche vor dem Haupteingang einen kleinen Wall, sagt Konrad Berger. Und zusätzliche Ablaufrinnen an neuralgischen Stellen könnten auch Abhilfe schaffen.
Stark- oder Jahrhundertregen?
Doch zunächst möchte die Stadt den Deutschen Wetterdienst konsultieren und die Frage klären lassen, was an diesen drei Tagen los war. War, was auf Metzingen niederprasselte, ein normaler Starkregen oder einer, der statistisch nur alle 100 Jahre vorkommt?
Beispielsweise der Buchbach. Er ist ein kleines Rinnsal, von dem kaum jemand weiß, dass es Wasser führt. Am Montagabend schwoll er an, riss Schwemmgut mit sich, stürzte an Tennisheim und Friedhof vorbei unter der Eisenbahn hindurch und strömte auf dem Duderstadtgelände (zwischen Mühlwiesenstraße, Bahn und Ermskanal) in den Ermskanal, um ihn auf Höhe der Römerstraße wieder zu verlassen. Auch in der Mühlwiesenstraße liefen Keller voll, ebenso in der Kolpingstraße. Dort lieferten sich Anwohner teilweise hitzige Wortgefechte mit Vertretern der Stadt, weil sie der Meinung waren, die Überschwemmung sei auf mangelndes Hochwassermanagement zurückzuführen. Das allerdings weißt OB Fiedler zurück: Der Buchbach sei sogar vorsorglich vor Jahren mit einem Staudamm versehen worden, um für 100-jährige Hochwasserereignisse gewappnet zu sein. Doppel-T-Träger fangen oben am Waldrand Schwemmholz ab, das Wasser wird entsprechend geleitet, um wilde Wasserspiele zu vermeiden. Aber, sagt der OB: „Das war kein Hochwasser, sondern Starkregen.“ Und das ist ein gewaltiger Unterschied. Hochwasser, das etwa bei der Schneeschmelze oder bei tagelangem Regen entsteht, lässt sich anhand steigender Pegel voraussagen. Dann helfen zur Not Sandsäcke als einfachstes Mittel. Starkregen kommt urplötzlich und mit einer Wucht, wie sie die Natur bisweilen entfachen kann und den Menschen ratlos zurück lässt.
Etwas kann man freilich auch gegen Starkregen tun, wenngleich auch diese Maßnahmen ursprünglich dem Hochwasserschutz dienen und bei einem Jahrhundertregen nur bedingt wirksam sind. Die hängen mit dem Ermskanal zusammen. Auf Höhe des Freibads muss das Wehr geschlossen werden, damit das Wasser im wesentlich tieferen und breiteren Bett der Erms verbleibt. Weiter unten muss das Wehr indes die Wassermassen in den so genannten Freischuss leiten, der in die Erms führt.
Säcke und Sand vom Spielplatz
Zumindest beim dritten Hochwasser am Montagabend hat das alles funktioniert. Am Freibad war alles dicht. Genützt hat es bestimmt, doch jenen, denen das Wasser in den Keller lief, mag das kein Trost sein. Selbst wenn die Abläufe auf Druck der Stadt neu justiert werden, indem etwa der Pegelstand, ab dem das Wehr am Freibad automatisch schließt, herabgesetzt wird: Eine hundertprozentige Sicherheit wird es nie geben können, sagt Konrad Berger. Die Natur ist ab einem gewissen Grad nicht mehr zu bändigen.
Etwas besorgt zeigt sich OB Fiedler, weil während der nächtlichen Einsätze auch Feuerwehrleute, die diesen Job ehrenamtlich ausüben, beschimpft wurden. Das sei zwar nicht häufig vorgekommen, aber für die Helfer, die sich für andere Leute die Nächte um die Ohren schlagen, alles andere als motivierend.
Ein positives Beispiel, wie Gemeinschaft funktionieren kann, erlebte Fiedler in der Marie-Curie-Straße. Dort hat das Oberflächenwasser die Hackschnitzel eines Spielplatzes mitgerissen, die alsbald die Ablaufschächte zu verstopfen drohten.
Mit Schneeschaufeln bewaffnet, haben Anwohner die Rinnen wieder frei bekommen. „Da hat die Gemeinschaft richtig gut funktioniert“, freut sich Fiedler. Die Feuerwehr organisierte für die Anwohner auch Säcke, die allerdings nicht befüllt waren.
Ein Blick auf den Spielplatz genügte, dann kamen die Schaufeln erneut zum Einsatz, und der Sandkasten wurde in die Säcke verfüllt.
(Quelle: Südwest Presse)
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