Kreisfeuerwehrverband Reutlingen

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»Alarmierende soziale Trends«

Feuerwehr - Dienstbesprechung und Verbandsversammlung: Merker ruft das Jahr der Neuausrichtung aus

»Alarmierende soziale Trends«

VON THOMAS BARAL

ENINGEN. Das »Jahr der Weiterbildung, der Neuausrichtung, der Diskussion über das Personal der Zukunft« hat der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbands, Hans-Peter Merker, ausgerufen. Weiterbildung müsse - mehr als es manchen bewusst sei - »die Rolle übernehmen zwischen länger zurückliegender Fachausbildung und laufender Praxis«. Er nannte dafür ein Beispiel: »Wer hätte vor zehn Jahren an eine flächendeckende Energieerzeugung durch Biogasanlagen gedacht«. Nur durch glückliche Umstände seien aber vor einigen Monaten Einsatzkräfte bei Riedlingen nicht in Gefahr geraten bei einem spektakulären Unfall einer solchen Anlage.
Die Nachrichten über drohende Personalrückgänge seien oft erst im vergangenen Jahr bei manchen Führungskräften und Mannschaften angekommen, meinte Merker. Es sieht ein generelles Problem, die Feuerwehren seien eben ein direktes Spiegelbild gesellschaftlicher Entwicklungen. Es zeigten sich »alarmierende demografische und soziale Trends«. Nach 2012, »also schon in drei Jahren«, werde man sich in einer starken Abwärtsspirale befinden. Die Zahl der Hauptschüler nehme stetig ab, »eine der wichtigsten Personalressourcen« der Wehren »schwächle« damit.

Zukunft gestalten

Die von Männern dominierte Wehr müsse sich nun daran erinnern, dass Frauen mindesten 50 Prozent der Gesellschaft ausmachten. Auch »Migranten sind eine nicht mehr zu vernachlässigende gesellschaftliche Gruppe«, so der Verbandschef. Gemeinsam müsse man aktiv werden, »um die Zukunft zu gestalten, nicht sie passiv erleiden«, so Merker.

»Es gab 2008 keine spektakulären Einsätze oder Großschadensereignisse, die von den Feuerwehren nicht bewältigt werden konnten.« Gleichwohl könne nicht von einem ruhigen Jahr für die Feuerwehrmitglieder im Landkreis Reutlingen gesprochen werden, so Kreisbrandmeister Walter Herrmann. In der jährliche Dienstbesprechung mit rund 250 Führungsleuten der Wehren hielt er am Montag Rückschau in der HAP-Grieshaber-Halle. Mit dabei einige Bürgermeister und Vertreter anderer Hilfsorganisationen. Die Moderation des Abends hatte - in Vertretung des Landrats, der nach Stuttgart abberufen war - der »Leitende Kreisverwaltungsdirektor« und »Oberlöschmeister a. D.«, Gerd Pflumm übernommen.

Wobei Pflumm einräumte, nicht zu wissen, ob es diesen Titel für einen wie ihn, selbst lange Jahre Mitglied einer Wehr, überhaupt gebe. Begrüßt worden war die Versammlung vom Eninger Bürgermeister Alexander Schweizer. Nach der Dienstbesprechung bewältigten die Gäste auch noch gleich die Verbandsversammlung der Kreisfeuerwehr, danach gab es ein gemeinsames Nachtessen.

Insgesamt knapp 5 800 Einsätze haben die Gemeinde- und Werksfeuerwehren hinter sich gebracht - ein Rückgang von 116 Einsätzen gegenüber dem Vorjahr, berichtete Herrmann. Allerdings seien die Gemeindefeuerwehren mehr gefordert gewesen, die mussten 183-mal öfter ausrücken. Bei Wohnungsbränden - beispielsweise in Hohenstein-Eglingen und noch kurz vor Jahresende in Glems - waren Tote zu beklagen gewesen, »alles ältere und alleinstehende Personen«.

Mehr Rettungseinsätze

Zum Hochwassereinsatz waren die Wehren beispielsweise am 30. Juli in Metzingen und Eningen unterwegs. Hochwassereinsätze hatten 2008 nur sieben Prozent aller Einsätze - das entspricht der Zahl 385 - ausgemacht, im Vergleich zum Jahr 2002 mit damals 23 Prozent also recht wenig.

Der Ruf zu Bränden sei auf knapp 500 zurückgegangen, dafür die Anzahl der Rettungs- und Rüsteinsätze um über 300 gestiegen; die Zahl der Gefahrstoffeinsätze konstant geblieben, berichtete Herrmann. Es habe etwas weniger Fehlalarme gegeben. Zum ersten Mal nach jahrelangem Rückgang sei auch der Landestrend wieder zunehmender aktiver Feuerwehrleute auch im Landkreis verzeichnet worden: In den 26 Gemeindefeuerwehren mit ihren 98 Abteilungen tun 2 690 Männer und Frauen Dienst - »neun mehr als im Vorjahr«. Hinzu kommen noch 61 Berufsfeuerwehrleute und 147 Angehörige von Werkwehren.

Beschäftigt waren die Führungsleute viel mit dem Referentenentwurf des Feuerwehrgesetzes, dem Aufbau des digitalen Sprach- und Datenfunknetzes und mit Finanzierungsfragen, so Herrmann. Im Herbst habe man große Befürchtungen gehabt; dass die Entscheidung über Fördermittel vom Land auf den Bund übergehen würde. Nach der Stellungnahme der Fachleute habe sich das erledigt; die zweckgebundenen Mittel zur Förderung des Feuerwehrwesens stünden somit weiterhin zur Verfügung. Ein weiterer Schwerpunkt sei Weiterbildung gewesen - 14 Prozent aller Wehrmitglieder haben einen Lehrgang besucht. (GEA)